Zur Rettung der Credit Suisse griff der Bundesrat auf Notrecht zurück, was allerdings nur zulässig ist, wenn rechtlich keine Alternativen für die angestrebte Lösung besteht. Die rechtliche Alternative wäre natürlich das too-big-to-fail (TBTF) Gesetz gewesen, das genau für solche Situationen geschaffen wurde. Trotzdem verzichtete der Bundesrat darauf, die wesentliche Bestandteile des Gesetzes zu triggern – denn für internationale Grossbanken schiesst es am Ziel vorbei und kann im Krisenfall keine von den internationalen Finanzmärkten akzeptierte Wirkung entfalten.
Aufgrund von TBTF müssen systemrelevante Banken nämlich einen Notfallplan vorsehen, der die Weiterführung ihrer systemrelevanten Funktionen sicherstellt. Als systemrelevant gelten aber nur Funktionen, die für die Schweizer Volkswirtschaft von Bedeutung sind. Der Notfallplan der Credit Suisse war von der FINMA ohne Beanstandung genehmigt worden. Für systemrelevante Banken erstellt die FINMA ausserdem eine Abwicklungsplanung, die diesen Banken eine Sanierung erlauben oder jedenfalls einen geordneten Marktaustritt im Rahmen einer Liquidation sicherstellen soll.
TBTF nutzlos für internationale Finanzmärkte
Am 19. März 2023 mussten das Parlament und die Öffentlichkeit zur Kenntnis nehmen, dass TBTF auf internationale Grossbanken faktisch nicht anwendbar ist, weil die Notfallplanung grundsätzlich auf die Rettung der für die Schweiz systemrelevanten Funktionen ausgerichtet ist, derweil die globale Finanzstabilität nicht auf diesen Funktionen, sondern vielmehr auf die zur Liquidation verurteilten Funktionen beruht. Die Anwendung von TBTF hätte deshalb keine stabilisierende Wirkung auf die internationalen Finanzmärkte, sondern im Gegenteil die Verwerfungen befeuern! Es versteht sich, dass das brandgefährlich ist und wird von der internationalen Gemeinschaft nicht akzeptiert würde. Auch die erhöhten Kapitalanforderungen der TBTF haben sich als nicht zielführend erwiesen, zumal die Kapitalisierung der Credit Suisse die Anforderungen mehr als erfüllte.
Selbstkritik nötig
Das Parlament hat nach der Finanzkrise von 2008 ein gut gemeintes, aber untaugliches Gesetz produziert, zumindest was internationale Grossbanken betrifft. Was ist zu tun? Die einen skandieren die Abspaltung der rentablen Credit Suisse Schweiz, und man reibt sich die Augen über die halbseitigen Zeitungsinserate der FDP, die – notabene als Regierungspartei und Mitglied der FinDel – in der Öffentlichkeit um Unterstützung für ihre absurde Forderung bettelt. Dies würde das Vertrauen in unseren Rechtsstaat torpedieren (pacta sunt servanda!) und unseren Finanzplatz abermals schwächen.
Das Parlament muss vielmehr sein eigenes Gesetz kritisch beurteilen und taugliche Instrumente für Krisenfälle erarbeiten. Als ersten Schritt habe ich einen Vorstoss verfasst, der von der Rechtskommission überwiesen wurde.